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Konzeption und Entwicklung einer Plattform zur Telediagnostik und Teletherapie bei neurogenen Sprachstörungen - teletherapeutisches lebensgeschichtliches Erzählen zur Steigerung von Lebensqualität – TELL

Laufzeit: 01.01.2020 - 30.09.2023

Partner: HAWK Göttingen, Polavis, Relimetrics

Förderkennzeichen: 01IS19039

Förderung durch: BMBF, ‚KMU-innovativ‘ im Programm ‚IKT, Datenwissenschaft, Informations-technologien, Industrie 4.0‘

Projektmittel (€): 248.286

Website

Kurzfassung


Hintergrund
Pro Jahr erleiden in Deutschland ca. 270.000 Menschen einen Schlaganfall, davon sind 30 % von einer Aphasie betroffen, erworbene neurologisch bedingte Sprachstörungen. Sie kennzeichnen sich durch Beeinträchtigungen in allen sprachlichen Modalitäten (Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben). Als Folge können erhebliche Beeinträchtigungen in der Kommunikation auftreten, die mit Einbußen in der Lebensqualität einhergehen.
Biographiearbeit zielt durch die aktive Auseinandersetzung mit...
Hintergrund
Pro Jahr erleiden in Deutschland ca. 270.000 Menschen einen Schlaganfall, davon sind 30 % von einer Aphasie betroffen, erworbene neurologisch bedingte Sprachstörungen. Sie kennzeichnen sich durch Beeinträchtigungen in allen sprachlichen Modalitäten (Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben). Als Folge können erhebliche Beeinträchtigungen in der Kommunikation auftreten, die mit Einbußen in der Lebensqualität einhergehen.
Biographiearbeit zielt durch die aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte darauf ab, kritische Lebensereignisse zu bewältigen. Durch die Reflexion eigener Stärken sollen Selbstwirksamkeitserleben und Bewältigungsstrategien gestärkt werden. Analoge Biographiearbeit in Einzel- und Gruppensettings führt zu Verbesserungen der Lebensqualität und des psychischen Wohlbefindens. Äußere Umstände, wie eingeschränkte Mobilität und Fachkräftemangel, erschweren jedoch eine flächendeckende logopädische Versorgung. Teletherapeutische Angebote können den Zugang erleichtern. Es mangelt aber an der systematischen Umsetzung von Biographiearbeit bei Aphasie im digitalen Setting.

Zielsetzung
Ziel des Projekts TELL war die Entwicklung und Evaluation einer digitalen, sprachtherapeutischen Plattform, mit der digitale Diagnostik und Therapie bei Menschen mit neurogenen Sprachstörungen wie Aphasien möglich wird. Die Patient:innen sollten im häuslichen Umfeld an erzählbasierter Biographiearbeit in Einzel- und Gruppensitzungen zur Steigerung der Lebensqualität teilnehmen können. Angepasst an die sprachlichen Einschränkungen sollte die Plattform Unterstützungsmöglichkeiten wie Schreiben, das interaktive Bearbeiten von Dokumenten oder das Verwenden von Bildmaterialen (u. a. persönliche Fotos), bereithalten. Neben der Durchführung und Organisation von Therapien sollte die analoge Diagnostik um eine, in die Plattform integrierte, digital basierte Testung erweitert werden. Zusätzlich sollte die Plattform ein Therapiemanagementsystem beinhalten, mit dem beispielsweise Terminabsprachen mit Erinnerungsfunktion, Dokumentationen und Berichte erleichtert werden.

Methodik
Die zukünftigen Nutzenden wurden in einem User-Centred-Design-Ansatz von Beginn an in den Entwicklungsprozess eingebunden. Auf Basis einer ausführlichen Literaturrecherche und zwei im Projekt durchgeführten Fokusgruppenerhebungen (je eine mit vier Menschen mit chronischer Aphasie unterschiedlichen Schweregrads bzw. fünf Sprachtherapeut:innen) wurde ein Anforderungskatalog für die Plattform zu allen Bereichen (Diagnostik, Therapiemanagement und Therapie) erstellt, der als Grundlage für die Entwicklung erster Systementwürfe diente. Die Wirefames wurden über ein Videokonferenzprogramm in zwei getrennten Anwender:innen-Workshops (je vier Menschen mit Aphasie unterschiedlichen Schweregrads; vier Sprachtherapeut:innen) erprobt. Durch das User-Centred-Design standen die kontinuierliche Einschätzung der Menschen mit Aphasie und den Versorgenden sowie die wiederholte Evaluation während der Plattformentwicklung im Fokus. Die Auswertung der Workshops erfolgte nach der strukturierten qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) sowie mit ad hoc-Observationschecklisten.
Der Therapiebereich der Plattform wurde in einem Vorher-Nachher-Design evaluiert. Es nahmen sechs Menschen mit einer leichtgradigen chronischen Aphasie teil. Die Intervention erstreckte sich über sechs Wochen mit insgesamt fünf Einzelsitzungen, die über die Plattform durchgeführt wurden. In den Prä- und Post-Testungen wurden die Lebensqualität der Teil-nehmenden mit der Stroke and Aphasia Quality of Life Scale (SAQOL-39) und der Satisfaction With Life Scale (SWLS) erhoben. Bei der Post-Testung wurde zusätzlich ein Fragebogen zur Feasibility der Plattform sowie ein Kurzinterview zum persönlichen Erleben durchgeführt.

Ergebnisse
In den Fokusgruppen konnten gezielte Angaben zu Forderungen in den Bereichen Diagnostik (z. B. digital basierte Diagnostik von bestehenden analogen Testinstrumenten), Therapiemanagement (z. B. Aufgabenliste zur Vorbereitung für die nächste Therapiesitzung) und Therapie (z. B. Teilen von persönlichen Materialien wie Fotos) erhoben werden und in den Entwicklungsprozess einfließen. Ebenfalls konnten bekannte Anforderungen, wie eine ablenkungsarme Oberflächengestaltung, bestätigt werden. Andere Bedürfnisse nach z. B. kurzen Erklärvideos als Unterstützung oder Emojis aus Messenger-Diensten zur multimodalen Kommunikation wurden ergänzt. Die Ergebnisse der Workshops sind in den iterativen Entwicklungsprozess der Plattform eingeflossen, so dass z. B. die Position von einzelnen Buttons verändert wurde. So wurden u. a. auch verschiedene Demonstratoren durch die Anwender:innen getestet, um konkrete Rückmeldungen für eine Nutzer:innen-orientierte Entwicklung zu erhalten.
Es konnte bestätigt werden, dass erzählbasierte Biographiearbeit in Einzelsitzungen digital durchgeführt werden kann. Ebenso wurden erste Auswirkungen auf die Lebensqualität festgestellt. Erwartungsgemäß fanden sich keine signifikanten Veränderungen in der SWLS, weshalb die festgestellten Verbesserungen in der Lebensqualität als therapiespezifisch interpretiert werden können. Im Fragebogen zeigen sich hohe Werte für Funktionalität, Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz der technischen Lösung. In den Interviews wird überdies deutlich, dass u.a. Reflexionsprozesse, z. B. zur eigenen Vergangenheit, angeregt wurden. Schließlich bieten die Projekterkenntnisse Potenzial für zukünftige Schulung und Anleitung von Praxispartner:innen in der Anwendung von Videotherapie für lebensqualitätsorientierte Maßnahmen.
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  • Telehealth
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  • Biographiearbeit
  • Lebensqualität

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