Albertis Flug- und Tastauge. Neue Betrachtung eines Emblems visueller Theorie
kunsttexte.de – Bild Wissen Technik. H. 1. 2009
Erscheinungsjahr: 2009
Publikationstyp: Zeitschriftenaufsatz
Sprache: Deutsch
Inhaltszusammenfassung
Als Tastauge wird das Sinnbild Albertis zu einem neuzeitlichen Signum einer visuellen Theorie haptischoptischer Rezeption, dessen organischer Aufbau auf eine aktivierende Kraft agierender Bilder hin ausgerichtet ist. Die Adlerschwingen und der erweiterte, sensible Wahrnehmungsapparat beschreiben die aufgerüstete Verkörperung eines Sehorgans, welches im schnellen Flug entgegentretende Bilder zu erblicken und zugleich ihre Energeia aufzuspüren vermag. Das solcherart privilegierte Künstlerauge s...Als Tastauge wird das Sinnbild Albertis zu einem neuzeitlichen Signum einer visuellen Theorie haptischoptischer Rezeption, dessen organischer Aufbau auf eine aktivierende Kraft agierender Bilder hin ausgerichtet ist. Die Adlerschwingen und der erweiterte, sensible Wahrnehmungsapparat beschreiben die aufgerüstete Verkörperung eines Sehorgans, welches im schnellen Flug entgegentretende Bilder zu erblicken und zugleich ihre Energeia aufzuspüren vermag. Das solcherart privilegierte Künstlerauge spielt auf jene tiefgründigen Bildeigenschaften an, die keineswegs allein mittels Sehsinn wahrgenommen werden können. Indem Alberti seine Imprese nicht nur als schwebendes Auge in der Tradition des ungebundenen und unbegrenzten Gottesblicks zeigt und damit dem Künstlerauge eine herrschaftliche Vorrangstellung einräumt, sondern das Flugauge durch einen körperhaften Tastapparat erweitert, ist es in der Lage, jenes enigmatische, über die visuellen Eigenschaften des Erblickten hinausgehende Vermögen von Bildern wahrzunehmen, den Blick jäh auf sich zu ziehen und zu bannen. Im Zusammenspiel des Augenemblems mit dem Motto „QVID TVM“ scheint zunächst die Vorrangstellung des isolierten Sehsinns relativiert, doch ergeben sich durch die vorgestellte Lesart des Flugauges als Tastauge auch für jene Frage neue Deutungsschichten: „Was kommt, das den Blick einzufangen vermag?“ oder, in einem grundlegenderen Sinne, „Was also ist es, das die Aufmerksamkeit des Blickes lenkt?“. Einen Hinweis scheint das Albertische Flugauge durch seine Gestalt selbst zu liefern: Sein Ruhm begründet sich darin, nicht nur die umgebenden Bilder blitzartig visuell zu erfassen, sondern ihr Agieren zugleich „begreifen“ zu können.» weiterlesen» einklappen
Klassifikation
DDC Sachgruppe:
Allgemeines, Wissenschaft