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Genetische Faktoren als Ursache von spezifischen Sprachentwicklungsstörungen

Laufzeit: 01.01.2009 - 31.12.2013

Kurzfassung


Die spezifische Sprachentwicklungsstörung (SSES) wird als Diskrepanz zwischen der Sprachentwicklung und der allgemeinen Entwicklung, gemessen an der nonverbalen Intelligenz, definiert. Verschiedene Metaanalysen weisen darauf hin, dass genetische Faktoren eine wesentliche Rolle bei SES spielen, während für sprachliche Leistungen im oberen Leistungsbereich die Umwelt bedeutender ist (Hayiou-Thomas, 2008). Bei eineiigen Zwillingen beträgt die Konkordanz für SES 85%, bei zweieiigen nur 52%. In...Die spezifische Sprachentwicklungsstörung (SSES) wird als Diskrepanz zwischen der Sprachentwicklung und der allgemeinen Entwicklung, gemessen an der nonverbalen Intelligenz, definiert. Verschiedene Metaanalysen weisen darauf hin, dass genetische Faktoren eine wesentliche Rolle bei SES spielen, während für sprachliche Leistungen im oberen Leistungsbereich die Umwelt bedeutender ist (Hayiou-Thomas, 2008). Bei eineiigen Zwillingen beträgt die Konkordanz für SES 85%, bei zweieiigen nur 52%. In einigen Familien konnten bereits für die Sprachentwicklungsstörung offenbar verantwortliche Gendefekte nachgewiesen werden. Für die überwiegende Anzahl der betroffenen Kinder werden multifaktorielle Ursachen beziehungsweise eine polygene Vererbung angenommen (Fisher et al., 2003; DGPP, 2008). Von der Arbeitsgruppe um SE Fisher wurde 2008 (Vernes et al, 2008) eine signifikante Assoziation zwischen dem SNP rs17236239 und der „Nonsense word repetition“ nachgewiesen. Sie vermuteten, dass sie damit eine wesentliche ursächliche genetische Sequenzvariante für das Auftreten von spezifischen Sprachentwicklungsstörungen gefunden haben.
Seit Anfang des Jahres 2009 führen wir deswegen eine Studie bei den in unserer Klinik behandelten Kindern mit SSES durch, um zu überprüfen, ob sich auch in Mitteleuropa die Bedeutung dieser Sequenzvariante bestätigen lässt. Als Patienten konnten bisher 324 Kinder und Jugendliche im Alter von 3-17 Jahren und 512 Verwandte (Eltern, Geschwister, weitere Verwandte) aus 292 Familien gewonnen werden. Von ihren Eltern, Geschwistern und weiteren Verwandten (insgesamt 512) wurde ebenfalls das genetische Material untersucht.
Die Kinder wurden wegen einer ausgeprägten spezifischen Sprachentwicklungsstörung stationär in Mainz und Meisenheim interdisziplinär diagnostiziert und therapiert. Eine ausführliche Anamnese wurde entsprechend IDIS erhoben, die Diagnostik von sprachlichen und nichtsprachlichen Leistungen umfasste auch mehrere Intelligenztests.
45% der Jungen und 57% der Mädchen hatten Angehörige ersten Grades mit einer Sprachentwicklungsstörung bzw. -verzögerung in der Anamnese und 33% der Jungen 24% der Mädchen hatten Angehörige zweiten Grades.
Die anamnestischen Daten bestätigen also die große Bedeutung familiärer Faktoren. Die genetischen Analysen werden zeitnahe und fortlaufend am Institut für Humangenetik durchgeführt. Nach Abschluss der Probandenrekrutierung (Ende 2013) wird die statistische Auswertung ggf. Aufarbeitung der Daten zur Publikation erfolgen.

Literatur:
Hayiou-Thomas ME (2008). Genetic and environmental influences on early speech, language and literacy development. Journal of Communication Disorders 41: 397–408.
Fisher SE, Lai CS, Monaco AP (2003). Deciphering the genetic basis of speech and language disorders. Annu Rev Neurosci 26: 57–80.
Neumann K*, Keilmann A* (geteilte Erstautorenschaft), Rosenfeld J, Schönweiler R, Zaretsky Y, Kiese-Himmel C: Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern. Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (gekürzte Fassung). Kindheit und Entwicklung 18 (4) (2009) 222-231
Vernes SC, Newbury DF, Abrahams BS, Monaco AP, Fisher SE et al. (2008). A functional genetic link between distinct developmental language disorders. N Engl J Med 359: 2337–2345.


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