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Populations- und Landschaftsgenetik hochgradig durch den Salamander-Chytridpilz (Batrachochytrium salamandrivorans) gefährdeter Schwanzlurche in der Südeifel

Laufzeit: 01.01.2017 - 31.12.2019

Partner: Dr. Joscha Beninde, Florian Keltsch

Förderung durch: Nikolaus Koch Stiftung

Projektmittel (€): 10000

Kurzfassung


Der parasitische Salamander-Chytridpilz (Batrachochytrium salamandrivorans, kurz Bsal) ist ein, vermutlich über den Zootierhandel aus Asien eingeschlepptes, Amphibien-Pathogen, das nicht nur einzelne Individuen betrifft, sondern zu hohen Verlusten auf lokaler Populationsebene führen kann. Bsal befällt - wie nun bekannt - nicht nur Schwanzlurche, sprich Molche und Salamander, sondern im Labor konnten auch Geburtshelferkröten (Alytes obstetricans) infiziert werden und an vietnamesischen Unken...Der parasitische Salamander-Chytridpilz (Batrachochytrium salamandrivorans, kurz Bsal) ist ein, vermutlich über den Zootierhandel aus Asien eingeschlepptes, Amphibien-Pathogen, das nicht nur einzelne Individuen betrifft, sondern zu hohen Verlusten auf lokaler Populationsebene führen kann. Bsal befällt - wie nun bekannt - nicht nur Schwanzlurche, sprich Molche und Salamander, sondern im Labor konnten auch Geburtshelferkröten (Alytes obstetricans) infiziert werden und an vietnamesischen Unken konnte Bsal nachgewiesen werden. Chytridiomykosen durch Bsal sind jedoch bisher nur von Schwanzlurchen bekannt. Bsal wurde 2013 erstmals in Holland entdeckt und wissenschaftlich beschrieben, nachdem die nur im Süden Hollands vorkommenden Populationen des Feuersalamanders (Salamandra salamandra) einem plötzlichen Massensterben zum Opfer fielen. Im Folgejahr wurde Bsal auch in Belgien und weiteren Teilen Hollands nachgewiesen, wo er nachweislich Massensterben von Bergmolchen (Ichthyosaura alpestris) und Feuersalamandern verursacht hat. Doch auch im Freiland infizierte Teichmolche (Lissotriton vulgaris), Fadenmolche (L. helveticus) und Kammmolche (Triturus cristatus) konnten nachgewiesen werden und im Labor starben auch mit Bsal infizierte Kammmolche innerhalb weniger Tage. Im Jahr 2015 wurde Bsal erstmals auch in Deutschland nachgewiesen; zuerst in einer Feuersalamander-Zucht, einhergehend mit einem Massensterben und danach auch im Freiland, an toten und lebenden Feuersalamandern im Solchbachtal, im Belgenbachtal und an der Weißen Wehe (alle in der nordrheinwestfälischen Nordeifel gelegen). Zumindest im Belgenbachtal ging der Nachweis des Pilzes ebenfalls einher mit einem Massensterben von Feuersalamandern; für die anderen Gebiete mangelt es noch an aussagekräftigen Freilanddaten. Diese Nachweise und Folgenachweise aus der Nordeifel sprechen für eine schnelle Ausbreitung von Bsal und die damit einhergehende Gefährdung von Schwanzlurchen der Region, besonders auch in der direkt angrenzenden rheinland-pfälzischen Südeifel.

Bezüglich der Wahrscheinlichkeit, dass sich Schwanzlurchpopulationen im Untersuchungsgebiet direkt über Tier-zu-Tier-Kontakt mit Bsal infizieren, stellt sich die Frage:

(1) Wie sind die Populationen der Zielarten in der Südeifel miteinander vernetzt?
Im Fokus unserer Untersuchung soll die Konnektivität von Schwanzlurchvorkommen sein, die ausschlaggebend für die Ausbreitung von Bsal sein kann. Da die beiden Offenlandarten Teich- und Kammmolch in der Südeifel nur zerstreut vorkommen, wollen wir die Konnektivität der Bergmolch- und Fadenmolchpopulationen untersuchen. Die beiden Arten sind primär in Waldhabitaten zu finden und kommen sehr wahrscheinlich im Untersuchungsgebiet (noch) fast flächendeckend vor.
Zur Abschätzung von Konnektivität eignen sich besonders populations- und landschaftsgenetische Methoden, die es erlauben über die analysierten Verwandtschaftsverhältnisse genetische Einheiten zu identifizieren. Solche genetische Einheiten bestehen aus Individuen, die miteinander in genetischen Austausch stehen und sind aufgrund von ausbleibender Reproduktion mit Individuen anderer genetischer Einheiten, isoliert von diesen. Auf diese Weise können sogenannte „Management Units“ (MUs) identifiziert werden, die häufig die kleinste schützenswerte Einheit in der Naturschutzpraxis darstellen.
Wir gehen davon aus, dass die Gesamtpopulationen der beiden Zielarten Berg- und Fadenmolch in der Südeifel genetisch strukturiert ist und es mehrere MUs gibt. Um ein gutes Abbild der genetischen Struktur zu bekommen, werden wir die das Gebiet bestmöglich abdecken und an so vielen Orten wie möglich Proben nehmen. Dafür möchten wir jeweils ca. 200 Individuen von Berg- und Fadenmolch in der Region beproben. Neben der bloßen Abgrenzung der MUs mit populationsgenetischen Methoden können mittels landschaftsgenetischer Analysen solche Landschaftselemente identifiziert werden, die genetischen Austausch verhindern bzw. fördern. Durch die geographischen Daten, die uns vorliegen (etwa Landnutzung, Klima, Straßennetz, Verkehr etc.) können wir Grenzen zwischen den Standorten identifizieren. So können Hinweise für ein effektives Management geliefert werden, vor allem für die Identifizierung von natürlichen Ausbreitungsbarrieren. Dies ist auch wichtig hinsichtlich einer weiteren Ausbreitung von Bsal, da bislang nur die Übertragung von Tier-zu-Tier im Labor sicher nachgewiesen werden konnte. Vom verwandten Batrachochytrium dendrobatides ist bekannt, dass er sich zudem über im Wasser frei beweglicher Zoosporen und verschiedener Vektoren (z.B. Wasservögel oder den Menschen) ausbreitet und nicht nur von Tier-zu-Tier übertragen wird. Es ist demnach auch im Falle von Bsal gut möglich, dass andere Vektoren und Übertragungswege vorhanden sind. Die Identifizierung der MUs liefert somit die Grundlage für verschiedene Handlungsoptionen. Im Falle einer weiteren Ausbreitung können noch Bsal freie MUs für Naturschutzmaßnahmen genutzt werden. Aus jeder MU (beginnend mit den akut gefährdeten) und auf Grundlage der gewonnen Ergebnisse dieses Projektes kann zur Beibehaltung der wichtigen genetischen Biodiversität dieser Arten beantragt werden, eine genügend große Zahl an Individuen aus den verschiedenen MUs zu entnehmen, um sie für die Dauer der Infektionszeit in ihrem Ursprungshabitat zwischen zu hältern, zu vermehren (Erhaltungszuchten oder „Ex-situ Conservation“) und zu geeignetem Zeitpunkt wieder anzusiedeln (siehe auch http://www.amphibianark.org/). In diesem Zusammenhang sei beispielsweise die „Deutsche Gesellschaft für Terrarienkunde und Herpetologie“ (DGHT, http://www.dght.de/) erwähnt, welche genügend naturschutzinteressierte und fachkundige Mitglieder besitzt, um ein solches Vorhaben zu stemmen.

(2) In welchem Maße überlappen sich die MUs der Zielarten oder sind diese im Untersuchungsgebiet vollkommen kongruent?
Anhand der gewonnenen populations- und landschaftsgenetischen Daten kann getestet werden, ob die MUs der beiden Arten kongruent sind, also sich vollkommen überlappen und somit gleiche Barrieren gelten. Falls ja, sollten Infektionsereignisse nur innerhalb von MUs stattfinden (Kontakt nur Tier-zu-Tier). Falls nicht, könnten etwa infizierte Bergmolche die Grenzen einer MU des Fadenmolches überschreiten, was somit trotz Barriere zwischen zwei Fadenmolch-MUs zu einer Infektion dieser mittels Tier-zu-Tier-Übertragung führen kann.

(3) Wie weit sind die Zielarten im Untersuchungsgebiet rezent verbreitet und welche Habitatstrukturen beeinflussen ihre Präsenz?
Die angestrebte Probenahme dient darüber hinaus für eine kleinskalige Bestandserfassung (Präsenz-Absenz-Kartierung) der beiden Zielarten in der Südeifel und kann im Falle einer sich ausbreitenden Infektion als Referenz dazu dienen, an dem das Ausmaß der Bestandrückgänge gemessen werden kann (Grundlagendaten). Gerade diese Vergleich ist bezogen auf den Effekt von negativen Faktoren wichtig, doch bezogen auf Naturschutzfragen sehr selten, da meist erst nach einer Katastrophe Daten erhoben werden, ohne Referenzmöglichkeiten zum vorherigen Zustand von Populationen. Zudem werden im Feld bei der Beprobung relevante Parameter zum Wasser- und Landhabitat miterfasst, um anschließend auszuwerten, welche Strukturen auf die Präsenz der Arten positiv bzw. negativ wirken. Dies sind ebenfalls herpetologische Grundlagendaten für die Südeifel, und zudem können auf Grundlage eines solchen Regressionsmodells in Zukunft auch Standorte in einem kleinräumigen Gebiet, in welches Bsal sich potenziell ausgebreitet hat, auf die eigentliche Eignung für die jeweilige Art hin bewertet werden; d.h. es kann getestet werden, welche Eignung ein spezieller Standort für die Arten hat und falls dieser eigentlich sehr gut geeignet ist, aber keine der Arten (mehr) vorkommt, kann um diesen Standort an noch vorkommenden Populationen verstärkt Bsal-Diagnostik durchgeführt werden, da dann die Befürchtung besteht, dass sich Bsal in dieses Gebiet ausgebreitet hat.
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  • Landschaftsgenetik
  • Batrachochytrium salamandrivorans
  • Ichthyosaura alpestris
  • Lissotriton helveticus

Medien


Probenahme an einem Bergmolch-Weibchen

Probenahme an einem Bergmolch-Weibchen

Veröffentlichungen


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